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Medizinstudium

Warum eine Haft­pflicht im PJ sinn­voll ist

3 Min.
Christoph Schäfer
von Christoph Schäfer
Kommunikation
"PJler sind Auszubildende, die nur auf Anweisung handeln dürfen und bei ge­rings­tem Zweifel nachfragen müssen" - Patrick Weidinger

Im Praktischen Jahr des Me­di­zin­studiums lernen Stu­dierende den Klinik­alltag auf verschiedenen Stationen kennen. Sie versorgen Wunden, wechseln Katheter oder verabreichen In­jek­tio­nen. Während der prak­ti­schen Aus­bildung an Patientinnen und Patienten über­nehmen Me­di­zin­stu­dierende also ver­ant­wortungs­volle Aufgaben. Doch wer haftet, wenn sie einen Fehler machen? Rechts­anwalt und Haft­pflicht­spezialist Patrick Weidinger erklärt, worauf Me­di­zin­stu­dierende im PJ achten müssen – und welche rechtlichen Kon­se­quen­zen im Schadens­fall drohen.

Auch PJler sind haftbar

Herr Weidinger, viele Stu­dierende im Praktischen Jahr ihres Me­di­zin­stu­diums sind der Ansicht, dass sie während der Aus­bil­dung Patientinnen und Patienten gegenüber nicht haften. Ist das richtig? Das ist leider ein Irrtum. Jeder – Sie, ich, ein Arzt und eben auch ein Stu­dierender im PJ – haftet einem Geschädigten gegenüber persönlich für Schäden, die er diesem zugefügt hat. Deshalb wird in Haft­ungs­prozessen auch immer der PJler mitverklagt, wenn ihm etwas vorzuwerfen ist. Spielt es keine Rolle, dass der PJler an die Weisungen seiner Vorgesetzten gebunden ist? Im Verhältnis zum Patienten jedenfalls dann nicht, wenn der PJler einen Fehler gemacht hat. Dem Geschädigten ist es egal, welche Zuständigkeiten jemand besitzt. Im Falle einer schuldhaften Schädigung möchte er Schadenersatz erhalten. Genau so sieht es das Bürgerliche Gesetzbuch auch vor. Können Sie einen Beispielfall nennen? Vor einigen Jahren verhandelte das Landgericht Mainz einen Fall, in den eine PJlerin involviert war. Die Studentin hatte einer Patientin postoperativ Propofol aus einer nicht gekennzeichneten Flasche verabreicht. Daraufhin fiel die Frau ins Koma. Das Gericht verurteilte die PJlerin neben anderen Beteiligten zu mehreren Hunderttausend Euro Schadenersatz. Was wurde der Studentin vorgeworfen? Genau das, was typischerweise zu Haft­ungs­situationen führt: das Handeln auf eigene Faust. PJler sind Auszubildende, die nur auf An­weisung handeln dürfen und bei ge­rings­tem Zweifel nachfragen müssen. Im vor­lie­gen­den Fall hatte die Studentin aus der Dokumentation „Infusionsrest auch OP“ geschlossen, dass eine im OP verbliebene Flasche zum erneuten Infundieren der Patientin genutzt werden sollte. Im Tropf befand sich jedoch noch Propofol, was einen Atem- und Kreis­lauf­still­stand hervorrief. Es gelang dem Notarzt, die Patientin zu reanimieren, seither befindet sie sich aber im Wachkoma. 

Patrick Weidinger

Patrick Weidinger

Er ist Rechtsanwalt der Deutschen Ärzteversicherung, Dozent der Deutschen Anwaltakademie und der Deutschen Versicherungsakademie sowie Lehrbeauftragter der Europäischen Fachhochschule.

PJler können den Patientinnen und Patienten also auf Schaden­ersatz, das heißt auf finanzielle Wiedergutmachung haften. Können Studierende auch straf­rechtlich zur Rechenschaft gezogen werden? 
Natürlich. Im Strafrecht gibt es die Tat­be­stän­de der fahrlässigen Kör­per­verletzung und der fahrlässigen Tötung. Und die gelten grundsätzlich für jeden. So hat das Landgericht Bielefeld im Jahr 2013 einen PJler wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Er hatte einem Säugling ein oral zu gebendes Medikament venös verabreicht. 
Wie können sich Me­di­zin­stu­dierende gegen Schaden­ersatz­an­sprüche oder Straf­ver­fah­ren schützen?
An allererster Stelle sollten Studierende natürlich Sorge tragen, dass erst gar nichts passiert. Dazu gehört, dass PJler aktiv eine ausreichende Ein­arbeitung und Ausbildung einfordern und bei allen Un­klar­heiten sofort nachfragen. Außerdem müssen immer die Namen der erreichbaren Ansprech­partner erfragt und Informationen über das Not­fall­pro­ze­de­re eingeholt werden. Besonders wichtig ist es auch, zu ver­in­ner­li­chen, dass man als Studierender nicht behandeln darf. Hand­lungs­anweisungen müssen genauestens abgesprochen werden. Ahnt der PJler, dass ihn ein Auftrag über­fordert, sollte er dies zur Sprache bringen und die Ausführung gegebenenfalls ablehnen. Sehr wichtig ist es auch, so viel wie möglich zu dokumentieren. Jüngst hatte ich einen Fall, in welchem eine PJlerin eine Wundspülung vornahm und später alle Beteiligten bestritten, ihr diesen Auftrag erteilt zu haben. 

Tipp - Studierende: Haftungs||risiken rechtzeitig ab||sichern

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Studierende: Haftungs­risiken rechtzeitig ab­sichern

Eine Berufs- und Privat­haft­pflicht ist schon in den vor­klinischen und klinischen Semestern unerlässlich. Damit sichern sich Me­dizin­stu­die­rende und PJler gegen alle Haftungs­risiken ab. Denn auch sie behandeln Patienten – und ein Fehler kann teuer werden.

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Und wie kann sich ein Studierender im PJ ver­si­che­rungs­tech­nisch schützen?
Also, ich persönlich würde ja immer eine PJ-Haft­pflicht abschließen. Dann brauche ich mir nämlich keinen Kopf zu machen und bin stets auf der sicheren Seite. Ansonsten kann man auch prüfen, ob und inwieweit man über das ausbildende Haus versichert ist, insbesondere für Fälle des Zivil- und des Straf­rechts und mit einer Ver­si­che­rungs­summe von 5 Millionen Euro. Es ist emp­feh­lens­wert, sich eine solche Ver­si­che­rung von der Aus­bildungsanstalt schriftlich bestätigen zu lassen. Fehlt ein notwendiges Ver­si­che­rungs­element – und das muss man natürlich prüfen oder prüfen lassen – ist eine spezielle PJ-Haft­pflicht­ver­si­che­rung sinnvoll. Sie bietet Schutz, wenn keine Betriebs­haft­pflicht­ver­si­che­rung des Lehr­kran­ken­hau­ses besteht, ein Wechsel des Lehr­kran­ken­hau­ses zu einem Ver­si­che­rungs­wegfall führt oder ein Straf­ver­fah­ren eingeleitet wird. Auch wenn die Schaden­be­arbeitung durch auf Arzt­haft­pflicht spezialisierte Juristen des Ver­si­che­rers erfolgen soll, empfiehlt sich eine PJ-Haftpflicht. Denn hierauf besteht bei einer normalen Privat­haft­pflicht­ver­si­che­rung – etwa wenn der PJler noch bei den Eltern mit­versichert ist – in der Regel kein Anspruch.

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