Eine einheitliche Definition des Begriffs gibt es nicht. Aber es sind große Trends erkennbar, allen voran die fortschreitende Digitalisierung. Die Entwicklung, die wir in der Industrie gesehen haben – von der Massenproduktion über Standardisierung und Automatisierung hin zu den individualisierten Produkten der Industrie 4.0 – findet in adaptierter Form auch im Gesundheitswesen statt.
Ja, die Zukunft hat in vielen Bereichen schon begonnen. Denken Sie zum Beispiel an die elektronische Patientenakte, das E-Rezept oder verordnungsfähige Gesundheits-Apps. An Roboter im Operationssaal. Oder an die digitalen Register, die unter dem Druck der Coronapandemie entstanden sind: Anfangs wussten wir nicht einmal, wie viele Intensivbetten und Beatmungsplätze es in Deutschland überhaupt gibt. Heute sehen wir tagesaktuell, wo genau wie viele Kapazitäten zur Verfügung steht. Besonders deutlich zeigt sich die Entwicklung in der Präzisionsmedizin, die ohne Medizininformatik kaum machbar wäre.
Ich nenne mal ein Beispiel aus der Onkologie: Früher dachte man, dass eine Patientin mit Brustkrebs einen Tumor hat, von dem es zwei oder drei Arten gibt. Inzwischen wissen wir, dass es mindestens 60 verschiedene sind. Manche reagieren auf bestimmte Therapien, andere nicht. Deshalb analysieren wir heute die Genetik und die molekularen Grundlagen jedes Tumors. Dabei entstehen enorme Datenmengen. Sie ermöglichen eine ganz individuelle Therapie, sind für den einzelnen Experten aber nicht mehr zu überschauen. Deshalb schließen sich Expertinnen und Experten verschiedener Fachrichtungen und Disziplinen, aber auch Kliniken und Praxen zusammen, um gemeinsam die bestmögliche Versorgung zu bieten. Diese Art der Vernetzung wird künftig bei vielen Erkrankungen Thema werden.
Langfristig wird sich unsere Klinik- und Versorgungslandschaft deutlich verändern, hin zu Hochleistungszentren für bestimmte Erkrankungen, die eng mit wohnortnahen Versorgern vernetzt sind. Die Medizin des 21. Jahrhunderts ist so komplex, dass sie solche Strukturen braucht. Die Digitalisierung ist Treiber dieser Entwicklung, vor allem aber ein Werkzeug, mit dem wir neuen Herausforderungen begegnen können.
Ein ganz wichtiger Aspekt ist der demografische Wandel. Mehr Menschen leiden häufiger an einer oder mehreren chronischen Erkrankungen. Das hat Folgen für das gesamte Gesundheitssystem. Auch hier wird die Vernetzung verschiedener Akteure eine wichtige Rolle spielen; ebenso Technologien, die gebrechliche Menschen unterstützen. Zunehmend werden uns die gesundheitlichen Folgen des Klimawandels beschäftigen. Die Anfänge haben wir schon gesehen: Im Sommer 2018 hatten wir eine hitzebedingte Übersterblichkeit von 20.000 Menschen und lagen damit auf Platz 3 hinter China und Indien. Für dieses Problem müssen wir Lösungen finden, genauso wie für den Umgang mit klimaabhängigen Erregern und Erkrankungen, die es in Deutschland bislang nicht gab – um nur einige Beispiele zu nennen.
Ja, denn im Gesundheitsmarkt zeichnen sich tiefgreifende Veränderungen ab. So kaufen Investoren Praxen und Krankenhäuser auf, inzwischen ist schon rund ein Drittel der Kliniken in privater Hand. Dieser Prozess wird sich fortsetzen. Außerdem treten mit Unternehmen wie Apple, Google und Amazon ganz neue Player in den Gesundheitsmarkt ein.
Zu erwarten ist, dass sie plattformökonomische Modelle auch im Gesundheitsbereich etablieren. Das führt zu ganz neuen Geschäftsmodellen und Wertschöpfungsketten. So könnten Digital-Health-Netzwerke entstehen, zu denen Arztpraxen, Versorgungszentren und medizinische Dienstleister, aber auch Transportdienste wie Uber Health gehören. Patienten würden über die Onlineplattform zum Beispiel in die Videosprechstunde der angeschlossenen Ärzte geroutet, Arzneimittel per E-Rezept verordnet, über die Onlineapotheken des Netzwerks distribuiert und mit Uber ausgeliefert, während die klassische Apotheke zum lokalen Warenstützpunkt mutiert. Die Möglichkeiten sind vielfältig und das Potenzial enorm.
Sie werden sich voraussichtlich auf die Bedingungen der Plattformen einlassen müssen und ein Stück weit von ihnen abhängig sein. So besteht die Gefahr, dass Ärzte zu eher rechtlosen Dienstleistern werden und an Gestaltungsspielraum verlieren. Andererseits gibt es auch Vorteile. Man muss sich um manche organisatorischen Dinge nicht mehr kümmern und kann unter Umständen flexibler arbeiten – also zum Beispiel als Freelancer Videosprechstunden vom Strand aus anbieten. Ich bin sehr gespannt, wie sich dieses Feld weiterentwickeln wird.
Ich bin kein Finanzexperte und habe auch keine Kristallkugel. Investitionen in Unternehmen, die sich mit der Digitalisierung und Vernetzung sowie mit plattformökonomischen Modellen im Gesundheitsbereich beschäftigen, dürften aber erfolgversprechend sein. Persönlich würde ich auch darauf achten, dass sie international aufgestellt sind und Lösungen entwickeln, die global relevant, leicht skalierbar und adaptierbar sind. Wer heute nur national und in einer engen Nische arbeitet, wird schnell überrollt.
Die Beraterinnen und Berater der Deutschen Ärzte Finanz verraten Ihnen gern, wie Sie die Möglichkeiten, die der Gesundheitsmarkt bietet, finanziell für sich nutzen können. Unten bieten wir Ihnen mehrere Möglichkeiten, mit uns in Kontakt zu treten.