BERUFSHAFTPFLICHT

Digital rechtssicher behandeln

Ernsthaft krank oder nur verschnupft? Die Ferndiagnose ist nicht immer einfach.


AUTOR – PATRICK WEIDINGER
LESEZEIT - 3 MIN

Fernbehandlung, digitale Gesundheits­anwend­ungen, Gesundheits-Apps: Die Digital­isier­ung der Medizin bringt viele Vor­teile. Einige recht­liche Risi­ken sollten Ärztin­nen und Ärzte aber kennen.

Fernbehandlungen sind in der Praxis und in der Berufs­ordnung für Ärzt­innen und Ärzte angekom­men. Die Regel­ung, die der 121. Deutsche Ärztetag 2018 in die ärztliche Muster­berufsord­nung (MBO-Ä) auf­genom­men hat, findet sich mittlerweile in allen Landes­berufsord­nungen: Die aus­schließliche Behandlung und Beratung von Patienten ist aus der Ferne möglich, gleich­zeitig bleibt es aber beim Gold­standard des persön­lichen Arzt-Patienten-Kontaktes.

Die Verantwortung liegt bei den Behandelnden

Dass sich die Möglichkeit der Fern­behand­lung durch Corona schon zeitnah als wahrer Segen ent­puppen würde, war 2018 noch nicht abzusehen. Video­sprech­stunden samt Krank­schreibung und Rezepte ohne Arzt­besuch haben sicherlich so manche Infektion verhindert. Dabei darf man aber nicht ver­gessen, dass die Verant­wortung für sämtliche medizin­ische Maß­nahmen bei den Ärztin­nen und Ärzten geblieben ist. 

Paragraf 7 der MBO-Ä sagt ausdrücklich: „Eine aus­schließ­liche Beratung oder Behand­lung über Kommuni­kations­medien ist im Einzel­fall erlaubt, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforder­liche ärztliche Sorg­falt insbesondere durch die Art und Weise der Befund­erheb­ung, Beratung, Behand­lung sowie Doku­menta­tion gewahrt wird und die Patientin oder der Patient auch über die Besonder­heiten der ausschließlichen Bera­tung und Behand­lung über Kommuni­kations­medien aufgeklärt wird.“

Das heißt: Für die Fernbehand­lung gelten nicht nur die allgemein­en Grund­sätze der Arzt­haftung, sondern zusätz­liche Aufklärungs­erforder­nisse. Insbeson­dere müssen Behandelnde entscheiden, ob der Verzicht auf einen unmittel­baren Arzt-Patienten-Kontakt tatsächlich vertretbar ist. Bestehen auch nur die geringsten Zweifel an einer sicheren Einschätzung aus der Ferne, ist auf einen persön­lichen Kontakt zu bestehen.



Autor Patrick Weidinger ist Rechts­anwalt der Deut­schen Ärzteversicher­ung, Dozent der Deutschen Anwalt­akademie und der Deutschen Versicherung­sakademie sowie Lehr­beauf­tragter der Europäischen Fach­hochschule.

Wichtig bei Gesundheits-Apps

Empfehlen oder verordnen Behandelnde eine Gesundheits-App, tragen sie die Primär­verant­wortung. Zum einen muss sich der Patient oder die Patientin darauf verlassen können, dass das Verschriebene beziehung­sweise Empfohlene sinnvoll ist. Zum anderen sind die Behandeln­den verpflichtet, ihren Patient­innen und Patienten zu zeigen, wie diese eine App richtig anwenden, um zum Beispiel beim Messen des Sauer­stoff­gehaltes im Blut die richtigen Daten zu generieren und zu sichern. Empfehlungs-, Anleitungs- und Kontroll­fehler können hier zu einer Haftung aus dem Behandlungs­vertrag führen. Dies gilt insbesondere für Nicht-Medizinprodukte: Vor allem, wenn die Zweck­beschreibung nicht eindeutig ist, sollten Ärztinnen und Ärzte die Plausibilität und die Verwendung der App testen, um die Sicherheit ihrer Patientinnen und Patienten zu gewährleisten.

Analog gilt dies auch für Gesundheits-Apps, die zur Erken­nung, Verhütung, Über­wachung, Behandlung oder Linder­ung von Krank­heiten bestimmt sind. Sie sind Medizin­produkte, für die die Her­steller ein Konformitäts­bewertungs­verfahren mit abschließendem CE-Kennzeichen durch­zuführen hatten. Arbeiten diese Apps fehlerhaft, kommt zunächst eine Produkt­haftung in Betracht. Sie schließt aber eine parallele Arzt­haftung nicht aus, zum Beispiel, wenn Fehler ohne Weiteres hätten erkannt werden können.

Wenn die KI Fehler macht

Die fortschreitende Digitali­sierung führt in der Medizin zu immer neuen Möglich­keiten, vom Robodoc zur rechner­gestützten Fräsung und Implantation von Hüftgelenks­prothesen über Roboter­assistenten und Diagnose­tools bis hin zur selbst­lernenden künstlichen Intelligenz (KI).

Perfekt ist noch keines der Verfahren. Beim Robodoc wurden iatrogene Schäden diskutiert, bei Roboter­assistenten Programmier­fehler und un­sensibles Agieren und bei Diagnose­tools unangemessene Behandlung­sempfehl­ungen. Und die selbst­lernende KI hat das Risiko, dass sich ein einziger Fehler während des Dazu­lernens hochpotenziert.

Wer haftet nun für Fehler in diesem Bereich? Für Programmier- und Anwendungs­fehler – einschließlich mangel­hafter Patienten­aufklärung – sind es die handelnden Personen. Aber wer haftet für die selbst­lernende KI, die einem Patienten Schaden zufügt? Juristisch ist das eine ganz neue Spiel­wiese. Die rechtliche Diskussion geht von der Anwender­haftung für ein beherrsch­bares Risiko über eine Produkt- und Gefähr­dungs­haftung bis hin zur rechtlichen Innovation einer sogenannten E-Person. Dabei zeichnet sich jetzt schon ab: Roboter werden die Ärzteschaft nicht ersetzen, sondern ein weiterer Aspekt ärztlicher Verant­wortung sein

Das Wichtigste in Kürze

  • Sie können in der Videosprechstunde die gesund­heitliche Situation Ihres Patienten nicht sicher ein­schätzen? Dann be­stehen Sie auf jeden Fall auf einem persönlichen Unter­suchungs­termin.

  • Sie sind nicht sicher, wie eine bestimmte Gesundheits-App anzuwenden ist und was sie Ihren Patientinnen und Patienten bringt? Dann sehen Sie von einer Empfehlung oder Verordnung unbedingt ab.

  • Sie nutzen für Diagnosen und Behand­lungen computer­gestützte Verfahren? Dann denken Sie bitte daran, dass diese Verfahren Sie nicht Ihrer ärztlichen Verant­wortung entheben.

  • Und wenn doch einmal etwas passiert? Die Berufs­haftpflicht­versicherung der Deutschen Ärzte­versicherung schützt Sie im Rahmen der Versicherungsbedin­gungen auch vor Ansprüchen von Patient­innen und Patienten wegen fehler­hafter Fern­behand­lung, unange­messener App-Empfehlung und Verwen­dung mangel­hafter technischer Hilfsmittel.

AUSREICHEND ABGESICHERT? JETZT VERSICHERUNGSSCHUTZ PRÜFEN!

„Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflicht­ansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätig­keit zu versichern.“ So schreibt es die (Muster-)Berufsordnung Ärzte vor. Das bedeutet, dass die Arzthaft­pflicht­versicher­ung der aktuellen beruf­lichen Tätig­keit ent­sprechen muss. Gern prüft Ihr Berater der Deutschen Ärzte Finanz Ihren Arzthaft­pflicht­schutz für Sie. Unten bieten wir Ihnen mehrere Möglich­keiten mit uns in Kontakt zu treten.

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