Haftung bei Ärztinnen und Ärzten in Weiterbildung
Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung müssen Patientinnen und Patienten genauso kompetent behandeln wie Fachärztinnen und -ärzte. Und sich im Zweifelsfall Hilfe bei erfahrenen Kolleginnen und Kollegen holen. Für Fehler haften nicht nur sie, sondern gegebenenfalls auch die Aufsicht führenden Ärztinnen und Ärzte.
Keine reduzierte Haftung für Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung
Patientinnen und Patienten haben immer einen Anspruch auf eine Behandlung nach Facharztstandard. Der Status der Behandelnden spielt insoweit keine Rolle. Auch Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung haben nach Facharztstandard zu behandeln. Patientinnen und Patienten werden das nicht nur aus rechtlichen Gründen erwarten. Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung sind approbierte Medizinerinnen und Mediziner und treten Patientinnen und Patienten gegenüber auch als solche auf. Deshalb hat der 113. Deutsche Ärztetag mit Erfolg darauf gedrungen, Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung nicht mehr Assistenzärzte zu nennen.
Facharztstandard einhalten: bei Unsicherheiten nachfragen
Um den Facharztstandard sicherzustellen, müssen Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung bei Unsicherheiten nachfragen oder um Anleitung bitten oder die Übernahme einer Aufgabe ablehnen. In einem Schadensfall, in dem eine Lymphknotenextirpation durch einen Arzt in Weiterbildung zu einer dauerhaften Accessoriusparese geführt hatte, versuchte sich der Operateur dadurch zu entschuldigen, dass er nicht den Mut hatte, seine Unerfahrenheit offenzulegen. Diese Entschuldigung hat das Gericht nicht akzeptiert; es verurteilte ihn wegen Übernahmeverschulden neben dem Aufsicht führenden Arzt und dem Krankenhausträger. Im Schadenfall haften nicht nur die Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung
Aus Sicht des Patientenanwaltes war es sinnvoll, alle Beteiligten in Anspruch zu nehmen. Dieses Vorgehen hat den Vorteil, die Zahl möglicher Zeuginnen und Zeugen auf der Behandlungsseite zu reduzieren: Wer Partei nimmt, also Beklagter ist, kann nicht Zeuge sein. Mit der Haftung von Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung ist oft auch die Haftung desjenigen verbunden, der die Weiterbildung verantwortet. Dann wird oft geprüft, inwieweit dieser seiner Verantwortung durch Maßnahmen wie persönliche Ansprache, Anleitung, Anweisungen und Beaufsichtigung nachgekommen ist.
Patientenaufklärung durch die Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung
In Zeiten knapper Ressourcen werden Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung vermehrt auch in der Patientenaufklärung eingesetzt. Dies kann im Einzelfall kritisch sein. Den rechtlichen Rahmen gibt das Bürgerliche Gesetzbuch vor: Nach § 630e Abs. 2 Ziff. 1 BGB muss die Aufklärung durch den Behandelnden oder durch eine Person erfolgen, die über die zur Durchführung der Maßnahme notwendige Ausbildung verfügt. Dies gilt nach der Gesetzesbegründung auch dann, wenn der Aufklärende noch nicht die praktische Erfahrung aufweist, welche die eigenständige Durchführung der Maßnahme erlaubt (BT-Drs. 17/10488, S. 24; BT-Drs. 17/11720, S. 28).
Patientenaufklärung: Facharztstandard muss gewährleistet sein
Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung müssen also für das Aufklärungsgespräch fachliche Detailkenntnisse haben. Sie haben den Patientinnen und Patienten ja nicht nur Vorgehensweise und Komplikationen zu erläutern, sondern auch Fragen kompetent zu beantworten. Ein fehlender Facharztstatus rechtfertigt keine Defizite. Bei Aufklärungsdefiziten ist eine Mithaftung des Aufsicht führenden Arztes/Chefarztes zumindest nicht unwahrscheinlich. Er hat für jeden Einzelfall eine sachgerechte Aufklärung sicherzustellen. Dies hat der Bundesgerichtshof in einem Fall entschieden, in welchem der Chefarzt die Aufklärung an einen Stationsarzt delegiert hatte. Nach einer Divertikeloperation am Zwölffingerdarm war es durch Nahtinsuffizienz zu einer Bauchfell- und Bauchspeicheldrüsenentzündung gekommen (BGH VI ZR 206/05), über welche nicht aufgeklärt worden war.
Tipp
Berufshaftpflicht für Ärztinnen und Ärzte
Wie Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte genau den Versicherungsschutz erhalten, den sie für ihre Tätigkeit brauchen.
WeiterlesenBetriebshaftpflichtversicherung und Arbeitgeberregress
In der Regel ist im Betriebshaftpflichtversicherungsvertrag eines Krankenhauses das Haftpflichtrisiko des Klinikpersonals aus dienstlicher Tätigkeit gedeckt („mitversicherte Personen“). Besteht über die Betriebshaftpflichtversicherung kein oder im Falle vertraglicher Selbstbehalte kein vollständiger Versicherungsschutz, kann es zu einer Auseinandersetzung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen. Dann kann es durchaus sein, dass ein Krankenhausträger die Ärztin oder den Arzt in Weiterbildung – und/oder den Aufsicht führenden Arzt – für Schadenaufwendungen in Regress nimmt.
Risiko der Regressforderung durch den Arbeitgeber
Ob ein solcher Regress für den Arbeitgeber erfolgreich ist, richtet sich nach den Regeln des Arbeitsrechts, nach denen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer durch ihre Arbeitgeber für von ihnen bei betrieblicher Tätigkeit verursachte Schäden unter bestimmten Umständen freizustellen sind: bei leichter Fahrlässigkeit ganz, bei mittlerer Fahrlässigkeit teilweise und bei Vorsatz und grober Fahrlässigkeit überhaupt nicht – es sei denn, dass dann eine ungerechte Risikoverteilung vorliegt, zum Beispiel, weil der Arbeitgeber das Schadenrisiko selbst erhöht hat. Im Einzelfall sind mögliche Besonderheiten zu prüfen, zum Beispiel, ob tarifvertraglich der Regress des Arbeitgebers auf Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit beschränkt ist.
Haftpflichtversicherung für angestellte Ärztinnen und Ärzte
Angestellte Ärztinnen und Ärzte müssen sich also selbst versichern, wenn keine Betriebshaftpflichtversicherung für das Krankenhaus besteht oder wenn diese einen Selbstbehalt enthält. In der Versicherungspolice des Hauses kann es zum Beispiel heißen: „Bis zu einer Höhe von 100.000 Euro übernimmt der Krankenhausträger die Schadenaufwendungen selbst.“ Bis zu dieser Höhe ist dann ein Regress des Arbeitgebers gegen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglich. Restrisikoversicherung sichert umfänglich Haftungsfälle ab
Unabhängig hiervon ist immer der Versicherungsbedarf zu prüfen für außerdienstliche Tätigkeiten wie Beratungen im Freundes- und Bekanntenkreis sowie für Strafverfahren. Die sogenannte Restrisikoversicherung gehört nämlich ebenso wenig zum regelmäßigen Deckungsumfang der Betriebshaftpflichtversicherungen von Krankenhäusern wie der Strafrechtschutz.
Versicherungsschutz
Ausreichend abgesichert sein
„Ärztinnen und Ärzte sind verpflichtet, sich hinreichend gegen Haftpflichtansprüche im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit zu versichern.“ So schreibt es die (Muster-)Berufsordnung Ärzte vor. Das bedeutet, dass die Arzthaftpflichtversicherung der aktuellen beruflichen Tätigkeit entsprechen muss. Gern prüft Ihre Beraterin oder Ihr Berater der Deutschen Ärzte Finanz Ihren Arzthaftpflichtschutz für Sie.
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